OFFENER BRIEF: Herr Buch, ziehen Sie Ihre Horrorabrechnungen zurück!

PDF-Version

Sehr geehrter Herr Buch, sehr geehrte Damen und Herren,

bereits mit Schreiben vom 9. Januar 2024 hatten wir Sie aufgefordert, Ihre in einigen Fällen extremen Heizkostennachforderungen für die letzten Abrechnungsperioden zurückzuziehen. Denn diese sind sozial verantwortungslos, stark fehlerbehaftet und unbegründet.

Dieses Schreiben haben Sie leider nicht beantwortet.

Bis heute hat die Vonovia die tatsächlichen, umlagefähigen Kosten in keinem der aufgeführten Fälle vollständig belegt. Trotzdem können wir inzwischen eine Reihe von Feststellungen treffen, die uns in der Ansicht bestärken, dass die Abrechnungen inakzeptabel und Ihre Nachforderungen unrechtmäßig sind. Aus Anlass der Hauptversammlung der Vonovia am 8. Mai 2024 fordern wir Sie daher noch einmal dringend auf, auf die Nachforderungen aus den strittigen Wärmeabrechnungen zu verzichten und die tatsächlichen, umlagefähigen Kosten lückenlos zu belegen.

Von den unterzeichnenden Prüfgemeinschaften liegen Ihnen jeweils gesonderte Stellungnahmen vor. Mit diesem Schreiben fassen wir unsere gemeinsamen Feststellungen zusammen:

1. Die extrem hohen Ergebnisse der uns bekannten „Horrorabrechnungen“ der Vonovia (Gas und Wärme) sind in erster Linie darauf zurückzuführen, dass die Vonovia für die Energielieferungen Preisanpassungsklauseln vereinbart hat, die auf extrem schwankenden Indices der Gasbörse basi-ren. Dies führte in den Jahren 2021 bis 2023 zu Preissteigerungen, die wahrscheinlich weit über den tatsächlichen Beschaffungskosten der Versorger lagen, also hohe Krisengewinne dieser Unternehmen enthalten. Die Vonovia ist im Interesse ihrer MieterInnen und einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung dazu verpflichtet, diese Klauseln auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und dafür im Zweifel auch gerichtliche Auseinandersetzungen nicht zu scheuen. Dafür, dass dies geschehen ist, liegt uns keinerlei Nachweis vor. Rechnungen, die auf unwirksamen Klauseln beruhen, dürfen nicht auf die MieterInnen umgelegt werden!

2. Bei den in unseren Fällen vorliegenden Wärmelieferungen (Contracting) erfüllen die Vertragsgrund-agen unserer Auffassung nach nicht die Bestimmungen der hier maßgeblichen AVBFernwärmeV.

Denn:

a. Nach § 1a, Abs. 1 AVBFernwärmeV hat das Wärmelieferungsunternehmen „in leicht zugänglicher und allgemein verständlicher Form“ die jeweils aktuelle „Fassung seiner allgemeinen Versorgungsbedingungen, einschließlich der dazugehörenden Preisregelungen, Preisanpassungsklauseln und Preiskomponenten, sowie eindeutige Verweise auf die Quellen verwendeter Indizes und Preislisten barrierefrei im Internet zu veröffentlichen.“ Bei Ihren Vertragspartnern Techem Solutions GmbH, G+D Gesellschaft für Energiemanagement mbH und Vattenfall Energy Solutions GmbH ist keine Webseite mit den erforderlichen vollständigen Informationen zu den Contractingverträgen auffindbar.

b. Nach § 24, Abs. 4 AVBFernwärmeV müssen Preisänderungsklauseln die „maßgeblichen Be-rechnungsfaktoren vollständig und in allgemein verständlicher Form ausweisen“. Dies ist bei den uns vorliegenden Klauseln nicht der Fall. Es wird zum Beispiel auf Indices verwiesen, die gar nicht mehr fortgeschrieben werden, oder die Bezeichnungen der Faktoren sind unbe-stimmt.

c. Nach § 24, Abs. 4 AVBFernwärmeV dürfen Preisänderungsklauseln nur so ausgestaltet sein, „dass sie sowohl die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemes-sen berücksichtigen.“ Bei dem Kostenelement in den Preisgleitklauseln muss gem. BGH ein „abstrakt-genereller Gleichlauf“ (BGH VIII ZR 209/18) der verwendeten Kostenindices mit den tatsächlichen Kosten gegeben sein. Dagegen spricht die extreme Steigerung der Gasbörsen-werte, die die Entwicklung der Gasindices des statistischen Bundesamtes um ein Mehrfaches überschritt. Es ist nicht plausibel, dass sich die Wärmeversorger ausschließlich über den Spot-markt mit Gas versorgt haben. Die Vonovia war verpflichtet, von den Wärmelieferanten den Nachweis der tatsächlichen Kosten zu verlangen. Dass sie dies getan hat, wurde bis heute weder dargelegt noch belegt.
Preisanpassungsklauseln, die die Anforderungen der AVBFernwärmeV nicht erfüllen, sind unwirksam. In diesen Fällen gelten die vereinbarten Ausgangspreise, die viel niedriger liegen als die Be-träge Ihrer Heizkostenabrechnungen.

3. Die Vonovia ist zu 49 Prozent an der G+D Gesellschaft für Energiemanagement mbH beteiligt. Sie erzielt damit Gewinne aus den extrem gestiegenen Wärme- und Gasrechnungen dieses Unternehmens. Außerdem hat sie als Anteilseignerin besonderen Einfluss auf die Vertragsgestaltung. Offensichtlich hat sie diesen Einfluss nicht im Sinne möglichst stabiler Kosten genutzt. Es liegen sogar Beispiele dafür vor, dass sie die Vertragsgrundlagen je nach Marktsituation willkürlich zum Nachteil der MieterInnen geändert hat.

4. Die Vonovia hat mindestens in Bottrop-Welheim und Berlin-Mariendorf-Ost horrende Heizkostenabrechnungen verschickt, die auf offensichtlich falschen und ungeprüften Grundlagen beruhten. Die Vonovia hat die Fehler sogar zugegeben. Die Abrechnungen sind unwirksam, denn sie beruhten auf Grundlagen, deren Fehlerhaftigkeit der Vonovia bekannt war. Insofern die Vonovia nachträglich neue Abrechnungen erstellt, kann sie in diesen keine Nachforderungen verlangen, denn die neuen, eventuell wirksamen Abrechnungen erfolgen nach Ablauf der 12-monatigen Abrechnungsfrist. Die Vonovia kann sich nicht auf das „Alibi“ berufen, rechtzeitig Abrechnungen verschickt zu haben, wenn diese offensichtlich falsch waren.

5. Die Umstellung von dem Eigenbetrieb von Gasheizungen auf gewerbliche Wärmelieferung (Contracting) ist in den uns bekannten Fällen nicht mit einer nachweisbaren Reduktion von CO2-Emmissionen verbunden.

a. Am Tempelhofer Damm in Berlin hat die Vonovia die Umstellung auf gewerbliche Wärmeliefe-rung als Teil einer effizienteren und regenerativeren Energieversorgung angekündigt. Die Versprechungen wurden nicht umgesetzt. Zum Teil waren auch die Berechnungen der angeblichen Kostenneutralität der Umstellung fehlerhaft.

b. Unter anderem in Bottrop-Welheim sind die Erzeugung und die Verteilung der Nahwärme ineffizient. Es wird zudem Gas verbrannt, obwohl Abwärme nutzbar wäre. Die MieterInnen fordern deshalb die Neuplanung einer erschwinglichen und klimafreundlicheren Wärmeversorgung am runden Tisch mit der Stadt Bottrop, die dazu auch bereit ist. Die Vonovia hat bislang nicht rea-giert.

6. Die Heizkostenabrechnungen der Vonovia sind über die Contracting- und G+D-Fälle hinaus in ho-hem Maße intransparent. Die Rechtsansprüche der MieterInnen auf einen vollständigen Beleg der tatsächlichen Kosten des Vermietungskonzerns werden in keinem bekannten Fall erfüllt. Denn:

a. Bei den Rechnungen der konzernbeherrschten Vonovia Energie Service GmbH (Gas und Strom), Vonovia Mess Service GmbH (Abrechnungen und Messgeräte) und Vonovia Engineering GmbH (Wartungen) handelt es sich um unzulässige Eigenbelege des Konzernvermieters. Es sind nicht umlegbare Kostenbestandteile (z.B. Managementkosten und Gewinne des Konzernvermieters) in unbekannter Höhe enthalten.

b. In der Regel werden von der Vonovia als Nachweis der tatsächlichen Zahlung der Rechnungs-beträge keine Bankbelege oder Quittungen, sondern lediglich Ausdrucke der SAP-Buchführung des Konzerns zur Verfügung gestellt. Die Vonovia weigert sich, die tatsächliche Zahlungen zu belegen.

c. Angeforderte Verträge werden nur in Ausnahmefällen vorgelegt, und dann meistens nicht vollständig. Dies gilt zum Beispiel auch für die Glienicker Straße in Berlin.

d. Auch die Verträge der konzernbeherrschten Unternehmen enthalten unwirksame Klauseln.

e. Nur in Einzelfällen wurde die Einsichtnahme in Originale zugesagt.

7. In allen uns bekannten Fällen liegen bei der Berechnung der Gesamtkosten und ihrer Verteilung weitere Fehler und Ungenauigkeiten vor.

a. So wurde in keinem bekannten Fall die Absicht der Anmietung der aktuellen Heizkostenverteiler mitgeteilt. Deren Kosten können deshalb nicht umgelegt werden.

b. In vielen Fällen reichen die Messaustattungen nicht aus, die Anforderungen der HeizkostenV zu erfüllen. Die Schätzgrundlagen sind offen zu legen und die Kosten um 15 Prozent zu kürzen.

Herr Buch, wir fordern Sie noch einmal auf:

A. Ziehen Sie Ihre Heizkostennachforderungen in den Wohnvierteln der unterzeichnenden Organisati-onen in Bottrop-Welheim (2021/2022 und 2022/2023), Berlin-Tempelhof (2022), Berlin-Mariendorf (2022), Berlin-Glienicker Straße (2022) und Stuttgart (2022) unverzüglich und endgültig zurück! In hier nicht erwähnten Wohngebieten mit Wärmelieferung, in denen vergleichbare Verhältnisse vor-liegen, erwarten wir dies ebenfalls!

B. Sorgen Sie überall und dauerhaft für transparente, korrekte und gerechte Abrechnungen! Veröf-fentlichen Sie die tatsächlichen Kosten und die zugrundeliegenden Verträge Ihrer Wärmelieferun-gen! Verzichten Sie auf Beträge, die Sie nicht lückenlos belegen können!

C. Etablieren Sie eine dauerhaft soziale, für die MieterInnen bezahlbare und klimagerechte Wärmer-versorgung in allen Ihren Wohngebieten. Das ist nicht nur eine Frage der sozialen Verantwortung, sondern auch Ihrer unternehmerischen Pflicht!
Trotz Ihres bisherigen Schweigens sind wir weiterhin zu konstruktiven Gesprächen mit Ihnen bereit.

Mit freundlichen Grüßen,

Arbeitskreis Wärmekämpfe im MieterInnenbündnis VoNO!via & Co.
c/o MieterInnenverein Witten, Schillerstraße 13, 58452 Witten, waermekaempfe@mieterinnenrat.de

MieterInnenverein Witten u. Umg. e.V. mit Mietergemeinschaft Gartenstadt Bottrop-Welheim
Schillerstraße 13, 58452 Witten, kollektiv@mvwit.de
Knut Unger, Marina Scharnowski

Mieterinitiative Mariendorf-Ost, Berlin
c/o Kerstin Jahn & Rico Fraenkel, Dardanellenweg 33B, 12109 Berlin, PGTeDamm9298@gmx.de
Kerstin Jahn, Rico Fraenkel

Prüfgemeinschaft Tempelhofer Damm 9298
c/o Brinja Manske, Tempelhofer Damm 98, 12101 Berlin, PGTeDamm9298@gmx.de
Brinja Manske

Vonovia-Mieterinitiative Stuttgart, Prüfgemeinschaft Nobelstraße/Allmandstraße/ Käthe-Hamburger-Weg
c/o Antonietta Ferri, Nobelstr. 7A, 70569 Stuttgart, antonietta.c@gmx.de
Antonietta Ferri

Mieterinitiative Glienicker Straße, Berlin
c/o Dr. Sebastian Fiechter, Glienicker Str. 68, Berlin, fiechtersebastian@gmail.com
Sebastian Fiechter