Betriebs- und Heizkosten gemeinsam prüfen

Jeder Mieter, jede Mieterin hat das Recht, die Richtigkeit der jährlichen Betriebskostenabrechnung zu prüfen. Dazu muss man vom Vermieter die Einsichtnahme in sämtliche Belege der Abrechnung verlangen. Solange dies nicht gewährt wird, kann MieterIn  – so die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes – die Begleichung der Nachforderungen und auch laufende  Vorauszahlungen zurückbehalten.  Aber nur wenige MieterInnen wenden diese Methode in aller Konsequenz an. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Wohnungsunternehmen  Abschreckungs- und Zermürbungstaktiken entwickelt haben, die dafür sorgen, dass man an der Prüfung die Lust verliert.

Hat man eine Gemeinschaft im Rücken, die bei den verschieden Prüfschritten hilft, sieht das vielleicht anders aus.  Hier fassen wir zusammen, wie Sie gemeinschaftlich vorgehen können.

Das Mieterrecht auf Abrechnungsprüfung

Das Wohnungsunternehmen muss Ihnen jährlich eine Aufstellung über die tatsächlich angefallenen Betriebs- und Heizkosten vorlegen. Die Vorauszahlungen, die Sie in den zwölf Monaten der letzten Abrechnungsperiode geleistet haben, werden dagegen gerechnet. Haben die Vorauszahlungen nicht ausgereicht, die tatsächlichen Kosten zu decken, müssen Sie den Unterschiedsbetrag nachzahlen. Haben Sie zu viel gezahlt, muss das Unternehmen die Überzahlung erstatten. Für die Richtigkeit der Abrechnung ist der Vermieter beweispflichtig. Daran setzen wir an.

Schon an der Abrechnung selbst gibt es einiges zu überprüfen: Beträgt der verlangte neue Vorauszahlungsbetrag mehr als 1/12 der Abrechnungskosten? (Das ist oft so, aber illegal. Sie müssen diese Erhöhung nicht zahlen.) Stimmen die Angaben zu Ihren Vorauszahlungen? Sind alle aufgeführten Abrechnungspositionen mietvertraglich vereinbart? Wurde der Energieverbrauch für Warmwasser mit einem Wärmezähler ermittelt? Ist der Warmwasserverbrauch (sehr häufiger Fehler) nicht nach Verbrauch aufgeteilt worden? (In diesen Fällen kann der jeweilige Betrag um 15% gekürzt werden.)

Diese Prüfungen sind wichtig, aber nicht ausreichend. Denn woher wissen Sie, dass die Beträge, die als „Gesamtkosten“ in der Abrechnung aufgeführt sind, stimmen? Um die einzelnen Positionen zu überprüfen, müssen Sie in die zugehörigen Rechnungen, Verträge, Zahlungs- und Leistungsnachweise schauen. Sie haben ein Recht darauf!

Auf Verlangen muss das Wohnungsunternehmen sämtliche Belege im Original vorlegen. Solange und soweit es das nicht tut, können Sie die Nachforderungen zurückbehalten. Zeigen die Abrechnungen und/oder die Belege, dass bestimmte Abrechnungspositionen falsch sind, können Sie innerhalb von zwölf Monate nach Zugang der Abrechnung Einwendungen erheben und dann die Abrechnung korrigieren.

!!! Auch wenn in der Abrechnung ein Guthaben steht oder nur eine kleine Nachforderung, haben Sie eventuell zu viel gezahlt! Nach Anforderung der Belege können Sie  laufende Vorauszahlungen zurückbehalten. Das Recht dazu hat der Bundesgerichtshof wiederholt bestätigt. Zurückbehaltungen sind keine Mietschulden!

!!! Falls die Nachforderung hoch ist und ihr Einkommen gering, können Sie für den Monat der Fälligkeit Bürgergeld beantragen. Wenn Sie bereits Bürgergeld beziehen, können Sie die Abrechnung bei der Behörde einreichen. Teilen Sie in jedem Fall mit, dass Sie die Abrechnung prüfen und das Geld erst danach haben wollen!

Erster Schritt: Organisieren!

Die oben aufgeführten Rechte gelten für jede Mietpartei individuell. Aber erfahrungsgemäß gehen nur ganz wenige Mieter den zur Durchsetzung erforderlichen Weg  allein. Auch vielen AnwältInnen oder Mietvereinen ist das zu mühselig.

Wenn Sie schon mal versucht haben, die Abrechnungen von Vonovia oder LEG zu prüfen, werden Sie wissen, dass das mühselig ist. Vielleicht macht der Vermieter kleine Zugeständnisse. Vielleicht bekommen Sie jede Menge Papier oder werden auf zahlreiche Unterlagen in der „Mieter-App“ verwiesen. Wer soll sich da zurechtfinden? Man legt die Sache gern bei Seite. Man bekommt auch beunruhigende Mahnschreiben. Die meisten MieterInnen geben deshalb in einem frühen Stadium auf und zahlen Forderungen, die sie noch gar nicht nachvollziehen konnten. Manche schreiben dann „unter Vorbehalt“ auf die Überweisung. Aber das dient nur der eigenen Beruhigung. In der Regel ist das Geld weg.

MieterInnen sollten sich schon deshalb mit anderen zusammenschließen!

Wir können davon ausgehen, dass es die Konzerne mit ihrer Art der Abrechnung und „Rechnungslegung“ genau auf diese Konsequenz abgesehen haben. Man lässt die Mieter warten oder fertigt sie mit nichtprüffähigen Papieren ab. So können die Wohnungskonzerne hundertausendfach Zahlungen für ungeprüfte Abrechnungen kassieren. Wenn Sie sich das nicht gefallen lassen wollen, bleibt keine anderer Weg als sich mit einigen NachbarInnen zusammenzutun und eine Prüfgemeinschaft zu bilden.

Zweiter Schritt: Gemeinsam die Belegeinsicht fordern

Für Ihre Prüfgemeinschaft können Sie unser Musterschreiben für Ihre Wohnanlage anpassen. Jede beteiligte Mietpartei muss es unterschreiben. Damit verlangen Sie für alle UnterzeichnerInnen die Einsichtnahme in den vollständigen Beleg der Kosten, die dem Vermietungskonzern tatsächlich entstanden sind: Rechnungen, Verträge, Zahlungs- und Leistungsnachweise, eventuell Messprotokolle und Schätzgrundlagen. Gleichzeitig widersprechen Sie alle den Erhöhungen der Vorauszahlungen und teilen mit, dass Sie die Zahlung der Nachforderung zurückbehalten. Soweit Einwendungen bereits möglich sind, nehmen Sie diese in dem gleichen Schreiben vor.

!!! Die MieterInnnen sollten dann auch tatsächlich nicht mehr zahlen als bisher. Bucht das Wohnungsunternehmen zu viel ab, buchen Sie alles zurück und überweisen die richtige Miete!

Damit nicht alle MieterInnen sich mit den zur Einsichtnahme verlangten Papieren herumschlagen müssen, können Sie in dem Schreiben zwei oder drei Beauftragte bevollmächtigen, alle unterzeichnenden MieterInnen bei der Belegprüfung zu vertreten.

Es ist es gut, wenn Sie bereits bei diesem Schritt die Unterstützung eines konsequenten Mietervereins oder eins Anwalts haben. Fragen Sie rechtzeitig nach, ob und wie diese Ihre Initiative unterstützen! Auf jeden Fall sollten Sie nach Einleitung des gemeinsamen Vorgehens Kontakt zum MieterInnenbündnis VoNO!via & Co. aufnehmen und bei uns mitmachen.

Dritter Schritt: Der Konzern schickt Standardbelege

Manchmal reagiert das Wohnungsunternehmen nie auf Ihr Schreiben, manchmal dauert es Jahre. In diesen Fällen sollten Sie nach einer Weile zu Ihrer Sicherheit noch einmal an Ihre Forderung zur Einsichtnahme und die ausgeübten Zurückbehaltungen erinnern. Setzen Sie Fristen! Hilft auch das nicht, sollten Sie, um ganz sicher zu gehen, selbst einen Termin während der Öffnungszeiten Ihrer Wohnungsverwaltung festsetzen, dem Wohnungsunternahmen mitteilen und dann mit einer Abordnung zur Einsichtnahme erscheinen.

Manchmal dauert es aber auch nur ein paar Wochen, bis der Vermietungskonzern seine sogenannten „Belege“ übersendet oder in seinem Büro zur Einsichtnahme zur Verfügung stellt. Bei Vonovia und LEG handelt es sich dabei nach unserer Erfahrung aber bislang niemals um die angeforderten vollständigen Belege. In der Regel fehlen die Verträge, oder sie sind nicht vollständig. Als Zahlungsnachweise übersenden diese Konzerne gerne nur von ihnen selbst angefertigte Aufstellungen, nicht aber die geforderten Bankkontoauszüge oder Quittungen. Andere Unternehmen schicken dazu gern auch gar nichts.

Vor allem bestehen bei Vonovia und LEG große Teile der „Belege“ aus „Rechnungen“, die die Vermieter von eigenen Tochterunternehmen ausstellen lassen. Wir halten diese „Rechnungen“ unzulässige Eigenbelege, die nicht die tatsächlichen Kosten nachweisen.

Trotzdem sollten Sie sich diese „Belege“ genau ansehen und dazu schriftlich Stellung nehmen.  Schreiben Sie auf, welche Unterlagen fehlen, was Ihnen fehlerhaft erscheint. Lassen Sie auch die eventuell vorgelegten Verträge prüfen, denn sie enthalten oft  unwirksame Klauseln.

Auch für die Stellungnahmen zu den Standardbelegen bei Vonovia und LEG haben wir anpassbare Musterschreiben. Diese sind aber sehr lang und müssen auf Ihre Situation angepasst werden. Wenn Sie bei uns mitmachen, stellen wir Ihnen unser Material zur Verfügung. Eine lokale Übersicht über die strittigen Punkte in den Vonovia-Abrechnungen bis 2020 bietet außerdem der MieterInnenverein Witten. Updates sind in Vorbereitung.

In Ihrem Schreiben sollten Sie – unter Fristsetzung – noch einmal die Einsichtnahme in die vollständigen und prüffähigen Originalbelege verlangen. Bis dahin können Sie Nachforderungen weiter zurückbehalten.

Vierter Schritt: Der Konzern blockt

Wenn der Konzern dann überhaupt auf Ihr Schreiben reagiert, schickt er vielleicht ein paar zusätzliche Unterlagen aus seinem Standrepertoire, die auch nicht den Anforderungen genügen. Oder er lehnt weitere Stellungnahmen ab. In diesem Fall können Sie antworten, dass Sie die Mitteilung als Bestätigung des Zurückbehaltungsrechts und als Weigerung der Vorlage der vollständigen Nachweise verstehen. Damit aber sei die Abrechnung (oder ein Teil davon) abschließend nicht belegt. Sie können dann die Abrechnung um die abschließend nicht belegten Kosten korrigieren und die Erstattung des kompletten Betrages fordern, der sich aus der korrigierten Abrechnung ergibt,

Sollte der Konzern den MieterInnen, die zurückbehalten haben, Zahlungserinnerungen schicken, können Sie diese  als unbegründet zurückweisen. Denn Sie haben ja berechtigt zurückbehalten! Oft wiederholen die Konzerne die automatischen Zahlungserinnerungen immer wieder.  Lassen Sie sich nicht zermürben!

In vielen Fällen paasiert gar nichts. Die Konzerne scheuen solche Prozesse gegen organisierte Mieter, die das als Anlass zu öffentlichen Auftritten nehmen.

Drei Jahre nach dem Ende des Jahres, in dem die Abrechnung zuging, sind die Forderungen des Vermieters verjährt.

Gerichtsverfahren offensiv nutzen

Wenn der Vermieter meint, dass die Abrechnungen richtig und belegt sind, kann er auf Zahlung klagen. Dann können Sie die Vorlage der fehlenden Unterlagen im Prozess verlangen. Werden sie vorgelegt, müssen Sie zwar nachzahlen, aber es fallen dann keine Gerichts- und Anwaltskosten an.

Kommt es zu einem Gerichtsprozess, sollten Sie auf keinen Fall alleine dahin gehen. Auch wenn es in der ersten Instanz keinen Anwaltszwang gibt, ist professionelle Untersützung zu empfehlen. Denn es  ist nicht unwahrscheinlich, dass es zu einer Berufung kommt. Und die sollten Sie besonders gut vorbereiten, damit wir alle etwas davon haben.

Nehmen Sie aber auch Ihre NachbarInnen mit! Informieren Sie die Medien! Machen sie die Praktiken der Wohnungskonzerne öffentlich!

Dazu an anderer Stelle später mehr.