Pressemitteilung des MieterInnenbündnisse VoNO!via & Co. vom 16.3.2023
Der Vonovia-Konzern stellt sich als Hauptopfer bei den Korruptionsvorwürfen im Zusammenhang mit am 07.03.2023 erfolgten Durchsuchungen von 40 Örtlichkeiten einschließlich der Vonovia-Zentrale in Bochum und die Vollstreckung von vier Haftbefehlen dar. Dazu stellt das VoNO!via-MieterInnenbündnis fest: Tatsächlich sind die Mieterinnen und Mieter die wahren Geschädigten. Denn: Überzogene Rechnungen für vom Vonovia-Konzern beauftragte Handwerkerleistungen werden in den meisten Fällen über Modernisierungsmieterhöhungen und Betriebskostenabrechnungen an die Mieter weitergegebenen.
Die im VoNO!via-MieterInnenbündnis zusammengeschlossenen Mieterorganisationen kritisieren bereits seit Jahren das intransparente, häufig von rechtlichen und tatsächlichen Falschaussagen durchzogene Handeln des Konzerns. In Zusammenhang mit den laufenden Ermittlungen stehen die Abrechnungen von Bauleistungen im Mittelpunkt des Interesses. Laut Medienberichten sollen korrupte Mitarbeiter von Vonovia-Tochterunternehmen Leistungsverzeichnisse manipuliert haben, um den begünstigten externen Baufirmen überhöhte Abrechnungen zu ermöglichen. Es ist zu vermuten, dass die Ermittlungen die Konzerntöchter Vonovia Modernisierungs GmbH und/oder Vonovia Engineering GmbH betreffen. Jedenfalls stammt die übergroße Zahl – zuletzt fast alle – der den Mietern vorgelegten Modernisierungskostenbelege von diesen Konzerntöchtern. Die Arbeiten werden häufig von externen Auftragnehmern ausgeführt. Deren Rechnungen und Leistungsnachweise bekommen die Mieter aber niemals zu Gesicht. So können die Mieter die von den ausführenden Unternehmen abgerechneten nicht mit den tatsächlich erbrachten Leistungen vergleichen.
- Die Modernisierungsabrechnungen der Vonovia weisen weitere Mängel auf. Bei einer ordnungsgemäßen Bauabrechnung dürften sie nicht auftreten und ermöglichen jede Menge Missbrauch:
- In keinem uns bekannten Fall wurden Bauabnahmen belegt. Mieter haben keine technischen Abnahmen z.B. nach Fenstereinbau bemerkt. Die Rechnungen der Vonovia Engineering GmbH enthalten auch keine Prüfvermerke.
- In keinem uns bekannten Fall wurden von Vonovia Nachweise der tatsächlichen Zahlung der in Rechnung gestellten Beträge auf die in den Rechnungen angegebene Bankkonten erbracht.
- Nach Vonovia-Angabe werden ihre hohen Baunebenkosten nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure abgerechnet. Dann müsste sie eine prüffähige Schlussrechnung der Architekten und Ingenieure vorlegen können. Darin wäre die Prüfung der tatsächlichen Leistungserbringung, Bauabnahme usw. enthalten. Anstatt diese Dokumente vorzulegen, speist die Vonovia die Mieterorganisationen mit selbst angefertigten Aufstellungen von wenigen Seiten ab.
Für das VoNO!via-MieterInnenbündnis steht fest: Die vorliegenden Abrechnungen von mieterhöhungswirksamen „Modernisierungskosten“ sind in keinem Fall prüffähig. Sie können an vielen Stellen manipuliert sein.
Dies gilt ebenso für die Abrechnung von „Eigenleistungen“ im Betriebskostenbereich, vor allem: Gas- und Stromkosten, Gartenpflege, Reinigung, Hauswart und Kabelgebühren. Üben die Mieterinnen und Mieter nach Anforderung der Belegeinsichtsmöglichkeit ihr Zurückbehaltungsrecht an Nachzahlungen und/oder zukünftigen Betriebskostenvorauszahlungen aus, werden Sie teilweise sogar noch vor Übermittlung der Belege wegen angeblicher Zahlungsrückstände gemahnt. Dies geht bis zur außergerichtlichen Mahnung durch Rechtsanwälte oder Inkassobüros. Entsprechende Praktiken sind deutschlandweit nachgewiesen.
Für nicht erbrachte, tatsächlich abgerechnete Leistungen gab und gibt es viele konkrete Hinweise:
- In vielen Städten wurden wiederholt Winterdiensteinsätze abgerechnet, die nach Beobachtung der Mieter nie erbracht wurden und/oder für die es aufgrund der Witterung keinen Bedarf gab.
- In einem Wittener Wohngebiet mit großen Müllproblemen werden seit Jahren „Mülldienstleistungen“ abgerechnet, die angeblich zwei Mal wöchentlich erfolgen. Sie wurden noch nie beobachtet. Wenn sich jemand um die Probleme kümmert, ist es ein ehrenamtlich tätiger Mieter.
- Im Jahr 2017 verschickte die Vonovia eine Modernisierungsankündigung für eine Heizungskesselsanierung, die bereits im Jahr 2016 erfolgt war. Es folgte eine Mieterhöhung, die von den Gerichten jedoch zurückgewiesen wurde.
- Im Jahr 2018 fiel einem für das „Team Wallraff“ tätigen Installateurmeister vor laufender Kamera auf, dass etliche Maßnahmen an einer Heizungserneuerung nicht abgeschlossen waren, und das, obwohl die Maßnahmen bereits abgerechnet und in die Mieterhöhungen eingeflossen waren.
- Im Sommer 2019 wurde bei einem Ortstermin in Witten-Heven das Vorstandsmitglied Fittkau auf Mängel in der Ausführung der Dämmung einer Kellerdecke aufmerksam gemacht. Die Mängel wurden mit einem zustimmenden Nicken quittiert. Geschehen ist trotz zahlreicher Erinnerungen nichts.
Zum Abschluss ein ganz aktuelles drastisches Beispiel:
- In der Breslauer Straße in Böblingen haben die Mieter zu 1.12.2022 Mieterhöhungen wegen einer energetischen Modernisierungsmaßnahme erhalten. In den für die Prüfung übersandten Rechnungen der Vonovia-Engineering GmbH sind zahlreiche Leistungen abgerechnet, die nicht oder nicht im abgerechneten Umfang durchgeführt wurden. So wurde der Einbau einer Stahltür berechnet, obwohl die alte Holztür nicht erneuert wurde. Es wurden zu viele Zähler und Balkontüren berechnet sowie „Oberlichtöffner“, die in den Häusern gar nicht existieren. Auch große Teile der in den vorgelegten Rechnungen aufgeführten Dacharbeiten haben niemals stattgefunden. Geschädigt sind nicht nur die Mieter, sondern möglicherweise auch die öffentlichen Fördergeldgeber.
Das VoNO!via-MieterInnenbündnis fordert den Vonovia-Konzern auf, endlich den eigenen Behauptungen von Transparenz im Handeln und der Einhaltung von Compliance-Regeln Taten folgen zu lassen. Ein erster Schritt wäre die vollständige Offenlegung der tatsächlichen Belege rund um Betriebskosten und Modernisierungsmieterhöhungen. Nicht belegte Kosten müssen allen Mieterinnen und Mietern rückwirkend erstattet werden.