Offener Brief an die Vonovia: Verzichten Sie auf den Einbau der Kontrollmelder!

Das MieterInnenbündnis VoNO!via & Co. hat sich  in einem Offenen Brief an den Vorstand der Vonovia gewandt und den bundesweiten Verzicht auf den Einbau der Rauchwernmelder mit „Spionagefunktion“ gefordert. OFFENER BRIEF AN DIE VONOVIA

SICHERHEIT JA, KONTROLLE NEIN!

Verzichten Sie bundesweit auf den Einbau der Multifunktionsmelder! 

 

Sehr geehrter Herr Buch!

In Baden-Württemberg und Hessen stattet die Vonovia ihre Wohnungen zur Zeit mit sogenannten „Multisensor Plus“-Rauchwarnmeldern aus. Für die nächsten Jahre ist der Einbau in Bremen, Sachsen-Anhalt und NRW geplant.

Der Ersatz alter, erneuerungsbedürftiger Rauchwarnmelder ist eine selbstverständliche Vermieterpflicht. Wenn neue Rauchmelder-Typen deutlich mehr Sicherheit bringen, kann auch ein Austausch von Geräten, die noch funktionsfähig sind, ein sinnvoller Schritt sein. Sie wollen die erforderlichen oder sinnvollen Maßnahmen aber damit verbinden, dass Sie in die Wohnungen unnötig teure Geräte einbauen, die zusätzliche Kontrollfunktionen und Datenübertragungen ermöglichen. Dieses Vorhaben lehnen wir ab!

Die neuen Geräte sollen nicht nur wie üblich vor Rauchentwicklungen warnen. Sie sollen auch bei Kohlenmonoxid und Hitze anschlagen. Die Zusatz-Funktion der Kohlenmonoxid-Warnung ist in Wohnungen ohne Kohlenmonoxid-Quellen von vornherein überflüssig. In anderen Fällen ermöglicht die Decken-Montage aufgrund des Verteilungsverhaltens von Kohlenmonoxid in der Raumluft keinen rechtzeitigen Schutz. Dazu müssten spezielle Kohlenmonoxid-Melder in Schlafzimmern oder in 1,50 Höhe an den Wänden der Räume mit möglichen Kohlenmonoxid-Quellen montiert werden. Die Montage von Geräten mit Hitzesensoren kann sinnvoll sein, um vor Bränden in der Küche zu warnen. Dazu muss diese Technik aber nicht in allen Räumen montiert werden.

Die zusätzliche Schutzfunktion der neuen Geräte ist also äußerst fragwürdig.  Überhaupt nichts mit mehr Sicherheit zu tun hat, dass die neuen Geräte auch Temperatur und Luftfeuchtigkeit erfassen. Die Klimadaten werden per Funk an eine Basisstation im Haus übermittelt und in einer Cloud gespeichert. Diese „Spionagefunktion“ lehnen wir grundsätzlich ab. Denn es handelt sich um unverhältnismäßige Eingriffe in die grundgesetzlich geschützte Privatsphäre der Mieter*innen und in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Die gespeicherten Daten des Heizungs- und Lüftungsverhaltens können bei einem Streit um Schimmelursachen im Zweifel gegen die MieterInnen verwendet werden. Außerdem werden den Mieter*innen unnötige Modernisierungskosten auferlegt, und es werden unnötige elektromagnetische Wellen verursacht.

Obwohl viele Mieter*innen den Einbau der Kontrolltechnik ablehnen und obwohl für den Schutz vor Bränden, Rauch und Gasen bessere, einfachere und kostengünstigere Techniken zur Verfügung stehen, versuchen Sie, die Geräte mit allen möglichen Tricks durchzusetzen. Wir fragen uns warum?  Wir befürchten, dass es Ihnen nicht nur um den Gewinn aus der Modernisierungsmieterhöhung geht. Sie wollen unbedingt die Voraussetzungen für die digitale Erfassung unseres Wohnverhaltens ausbauen. Zusammen mit den digital gespeicherten Informationen über das Zahlungsverhalten der Mieter*innen, über die Vergleichsmieten und die Immobilienbewertungen, mit den über die „Vonovia-App“ gewonnenen Kundendaten baut sich der Wohnungs-Riese ein immer gigantischeres Datenreich auf, das niemand mehr kontrollieren kann. Anders als die eigentlichen IT-Konzerne nutzt der Wohnungskonzern dabei nicht nur Informationen, die die NutzerInnen „freiwillig“ über z.B. Smartphones hergeben. Es wird auch das unwillkürliche, körperliche Leben der Menschen in ihren Wohnungen erfasst. All dies dient dem Ausbau der automatisierten und renditeoptimierten Immobilienbewirtschaftung. Kein Mieter ist verpflichtet, diese Zumutung zu dulden!

Der Einbau von Geräten, die die Erfassung unseres alltägliche Heizungs- und Lüftungsverhalten ermöglichen, stellt keine zulässige bauliche Veränderung unserer Wohnungen dar und ist damit weder eine Instandhaltungs- noch eine Modernisierungsmaßnahme, die die Mieter*innen dulden müssten. Daran ändert nichts, wenn die Datenübertragung der Geräte – wie die Vonovia neuerdings beteuert – nur noch bei Zustimmung der Mieter*innen aktiviert wird. Denn es werden auf jeden Fall die technischen Voraussetzungen dafür geschaffen, die Daten zu erfassen, abzuspeichern und weiterzuverwenden. Jederzeit können diese Funktionen aktiviert und dazu genutzt werden, eine große Masse von Mieter*innen informationell auszubeuten.

Nebenbei stellt die Installation von Raumluft- und Temperaturfühlern an der Decke auch nicht die optimale Maßnahme zur individuellen Steuerung von Heizung und Lüftung dar. Die erfassten Daten lassen keine Rückschlüsse auf problematische Kältebrücken und Luftströme zu. Raumluftfeuchte und Temperatur werden viel zuverlässiger, komfortabler. preisgünstiger und ohne Eingriff in die Persönlichkeitsrechte durch handelsübliche Feuchtigkeitsmessgeräte gemessen.

Wir fordern:

  • Verzichten Sie bundesweit auf den Einbau der „Big Brother“-Spione!
  • Warten Sie, wo erforderlich, die bisherigen Rauchmelder oder ersetzen Sie sie durch neue Rauchmelder ohne Zusatzfunktion und ohne Zusatzkosten für die Mieter*innen!
  • Falls Sie zusätzliche Sicherheit bieten wollen, machen Sie den Mietparteien dazu bitte auf den Einzelfall bezogene Angebote! Ihre Kund*innen möchten ihre Wahl selbst treffen können. Wir sind nicht Ihr Melkvieh in Stallhaltung!

Erstunterzeichner*innen

  • Mietergemeinschaft Gartenstadt Bottrop Welheim
  • Mietergewerkschaft Deutschland e.V., info<at>mietergewerkschaft.de
  • Mietergemeinschaft Johannes-Palm-Straße, Ulm
  • Mieterinitiative Hamburg-Steilshoop, mieterini.steilshoop<at>mailbox.org
  • Mieterinitiative Stuttgart, Info<at>mieterinitiativen-stuttgart.de,
  • Mieterinitiative Wallauer Straße, Frankfurt, , michael_martis<at>web.de
  • MieterInnenverein Witten u. Umg. e.V., kollektiv<at>mvwit.de
  • MiMo (Mieteriniative Mariendorf Ost), Berlin, mimo-berlin<at>@gmx.net
  • MiWa (Mieterinitiative Wannsee) Berlin,Sprecher: fiechtersebastian<at>gmail.com
  • Mietenwahnsinn Stoppen Dresden – Initiative gegen Verdrängung dresden@mietenwahnsinn-stoppen.de
  • Netzwerk Vonovia-Mieter Dresden, Kontakt: netzwerk.vonovia-mieter.dresden<at>freenet.de
  • Prüfgemeinschaft Stuttgart Vaihingen NAK
  • Prüfgemeinschaft Breslauer Straße und Steinbeisstraße Böblingen,  boehmer.roland<at>gmx.de
  • Weststadt Solidarisch, Göttingen, mail<at>weststadtsolidarisch.org