MIETER ORGANISIEREN SICH GEGEN KONZERNVERMIETER

Alljährlich hält die Vorweihnachtszeit für Mieter*innen der Großkonzerne böse Überraschungen bereit. Vonovia, LEG & Co. übersenden oft erst jetzt ihre Betriebs- und Heizkostenabrechnungen für das Vorjahr, aktuell für 2023. Und diese enthalten oft hohe Nachforderungen. Die verlangten Kosten steigen immer weiter. Und sie werden immer undurchsichtiger. Im Unterschied zu anderen Wohnungsvermietern profitieren Wohnungskonzerne wie Vonovia und LEG von den steigenden Kosten.  Denn viele der undurchsichtigen Rechnungen stammen von ihren Tochterunternehmen. Gewinne aus konzerninternen Abrechnungen gehören erklärtermaßen zum Geschäftsmodell.

Das bundesweite MieterInnenbündnis VoNO!via & Co. will das nicht hinnehmen. Nach mehreren Jahren spitzen sich diese Auseinandersetzungen an einigen Orten inzwischen immer mehr zu.  Einige wenige Schlaglichter.

Die dem Bündnis angeschlossenen lokalen Mietervereine und Mietergemeinschaften fordern seit Jahren die Einsichtnahme in sämtliche Belege der Abrechnungen an und machen bis zur Vorlage der Belege von ihren Zurückbehaltungsrechten Gebrauch.  Vor allem die Vonovia versucht die skeptischen MieterInnen dann mit Bergen von Unterlagen zu zermürben, die aber nach der Analyse des Bündnisses völlig unzureichend sind.  So bleibt es aus Sicht der Mieter*innen beim Zurückbehaltungsrecht.

In Witten an der Ruhr prüft der örtliche MieterInnenverein seit vielen Jahren die Betriebskostenabrechnungen von Vonovia, LEG und anderen Konzernen sehr kritisch. „Die als Belege übersandten Dokumente umfassen inzwischen nicht selten mehr als 1000 PDF-Seite für eine einzige Abrechnungseinheit“, berichtet Vereinssprecher Knut Unger. „Anstatt aufzugeben, haben wir unsere Einwendungen gebündelt und auf die für alle MieterInnen wichtigsten Punkte konzentriert. Für diese Arbeit haben wir in den letzten Jahren im bundesweiten MieterInnenbündnis wichtige PartnerInnen gefunden.“

In Hamburg halten die Unternehmen Vonovia, BUWOG und Heimstaden zahlreiche Bestände. Der Mieterverein zu Hamburg prüft deren Nebenkosten und die Mitglieder üben Zurückbehaltungsrechte aus. Nach Einschätzung von Paul Mann, Rechtsberater beim Mieterverein zu Hamburg ist keine Abrechnung der Vonovia vollständig belegt und korrekt. „Die Vonovia legt für zahlreiche angebliche Kosten nur Eigenbelege vor, die als Rechnungen und Verträge angeblich eigenständiger Tochterunternehmen ausgegeben werden. Sie weigert sich nachzuweisen, dass tatsächlich Geld auf die in den Rechnungen angegebene Bankkonten geflossen ist. Und viele der vorgelegten Verträge mit den Dienstleistern weisen unzureichende oder unwirksame Leistungs- und Preisbestimmungen auf.“ Trotz zahlreicher Schreiben und Argumente, beharre die Vonovia darauf, dass alles vollständig und richtig sei. „Neues kommt nicht mehr. Die Vonovia verweigert abschließend den tatsächlichen Beleg. Wir gehen davon aus, dass die von uns vertretenen MieterInnen ihre Zurückbehaltungsrechte auf Dauer ausüben können“, sagt Mann.

Die Vonovia verschärfe im Gegenzug den Druck auf MieterInnen, die ihre Zurückbehaltungsrechte ausüben. „Schon bevor die üblichen Eigenbelege der Vonovia angekommen waren, erhielten unsere Mitglieder in Witten und Bottrop rechtswidrige Mahnungen von Inkassoanwälten und Mahnbescheide“, ergänzt Unger. „Nach unseren Unterlassungsaufforderungen hat der Konzern seine Belegproduktion beschleunigt und die rechtwidrigen Mahnungen durch offene Klageandrohungen ersetzt. Wir sind gespannt, wie viele MieterInnen die Vonovia nun vor die Gerichte zerren wird.“

„Wir lassen uns durch Inkasso und Mahnschreiben nicht einschüchtern“, sagt Marina Scharnowski von der Mietergemeinschaft Gartenstadt Welheim in Bottrop. Die Initiative wehrt sich seit 2023 vor allem gegen horrende Heizkostennachforderungen, die die Vonovia mit Rechnungen ihres Wärmeversorgers Techem begründet. Nach Ansicht der MieterInnen sind die Preisgleitklauseln in den Verträgen unwirksam. Die Vonovia hat den Mietern nach ihren Protesten zwar Nachlässe gewährt. Sie weist aber nicht nach, dass sie sich um die Prüfung der Klauseln und Rechnungen bemüht hat.

Ebenfalls um horrende Heizkostennachforderungen aus einem Wärmecontracting geht es in Berlin Mariendorf-Ost.  Die dortige Mieterinitiative hat massenhaft Einwendungen gegen die umfangreichen Belegkonvolute der Vonovia eingelegt.  „Wir sind nach wie vor im Heizkostenstreik und werden diesen für die kommenden Abrechnungen fortführen“, sagt Mieterin Ruth Carcassonne. „Wir beugen uns den zweifelhaften Praktiken der Vonovia nicht.“

In der Siedlung Alte Heide in München ist zwar nicht Wärmecontracting das Problem, aber es geht auch hier um hohe Heizkosten. „Die Vonovia hat zugegeben, unsere Heizung über zwei Jahre auf einem sehr teuren Ersatzversorgungstarif laufen gelassen zu haben“, berichtet Mieterin Christine Plabst. „Nach drei Monaten wäre ein Umstieg auf einen Grundversorgungstarif möglich gewesen.  Bei den korrigierten Heizkostenabrechnungen wurden die einzelnen Wirtschaftseinheiten unterschiedlich abgerechnet. Die Belegeinsicht wurde bis zum 8. 11. hinausgezögert. Und sie ist unvollständig. Mieter werden durch Anrufe und Mahnungen unter Druck gesetzt. Trotz Zurückbehaltungsrecht!“

Von rechtswidrigen Mahnungen betroffen sind auch Wittener LEG-MieterInnen, die die Belegeinsicht für die erst im Oktober 2024 zugegangenen Abrechnungen 2023 gefordert und bis dahin die Zurückbehaltung von Nachforderungen angekündigt haben. In den Schreiben wird mit Anwalt, implizit mit drohender Kündigung und mit Mitteilungen an eine „Sozialbehörde“ gedroht. Es ist dies nicht das erste Vorgehen der LEG dieser Art.

Das MieterInnenbündnis VoNO!via & Co fordert alle Mieterinnen und Mieter betroffener Großkonzerne auf, sich zu organisieren und ihre Nebenkostenabrechnungen zu prüfen oder prüfen zu lassen. Zugleich muss die nächste Bundesregierung Maßnahmen ergreifen, die es unmöglich machen, Geld mit Betriebskosten zu verdienen. Andernfalls werden sich Vonovia & Co, immer neue Methoden ausdenken, zusätzliche Einnahmen zu generieren.

GEGEN RAUCHMELDER-SPIONE

Intrasparente Nebenkosten und hohe Heizkosten sind bei weitem nicht das einzige Problem der Konzern-MieterInnen.  In Baden-Württemberg und Hessen stattet die Vonovia ihre Wohnungen mit sogenannten „Multisensor Plus“-Rauchwarnmeldern aus. Für die nächsten Jahre ist der Einbau in anderen Bundesländern geplant. Weil diese Melder nicht nur vor Rauch und Hitze warnen, sondern auch das alltägliche Heit- und Lüftungsverhalten der MieterInnen erfassen könne, stoßen sie vielerorts auf Ablehnung.

„Der geplante Einbau vom Rauchmelder Multisensor Plus mit Überwachung ist unsozial, da sehr viele Mieter auf jeden Euro angewiesen sind.“, meint Hans-Peter Zagermann von der Mietergemeinschaft Johannes-Palm-Straße in Ulm. „Er ist ökologisch unsinnig, da unnötig Rohstoffe verbraucht werden.  Für die Mieter ist er unwirtschaftlich, da es einfache Rauchmelder gibt, die den gesetzlichen Vorschriften genügen.“

„Der Einbau der Überwachungsrauchmelder war für die Mieterinnen und Mieter von Vonovia der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat“, sagt Daniel Katzenmaier von der Mietergewerkschaft Deutschland e.V.. „Noch nie haben sich so viele Mieter gewehrt: Sie verweigern den Zugang für die Handwerker, organisieren Mieterversammlungen und verschicken Protestbriefe. Unsere Kundgebung am letzten Montag in Frankfurt hat vielen Betroffenen neue Hoffnung gegeben.“

In einem Offenen Brief an Vonovia-CEO Rolf Buch (anbei) fordert das MieterInnenbündnis den bundesweiten Verzicht auf die Kontroll-Melder.